Mittwoch, 20. August 2014

Lektion 8

Evolution von Verhalten


Es gibt Eigenschaften, die sich auf den ersten Blick schwer mit der Evolutionstheorie der natürlichen Selektion erklären lassen. Insbesondere bei Verhaltensweisen scheint es unlogisch, weshalb ein Organismus sich für andere opfern soll, indem beispielsweise ein Murmeltier durch Pfeifen andere auf eine drohende Gefahr hinweist und sich so aber selber grossen Risiken aussetzt, oder weshalb bestimmte Lebewesen ganz auf Fortpflanzung verzichten (beispielsweise die Arbeiterinnen bei den Bienen). Dieses selbstlose Verhalten, oder Altruismus, scheint im Widerspruch zu stehen mit der Idee, möglichst lange zu überleben, um möglichst viele Nachkommen zu zeugen.

„In der Evolutionsbiologie wird mit dem Begriff Altruismus oder Selbstlosigkeit kein absichtliches Handeln verbunden. Vielmehr versteht man unter Altruismus Verhaltensweisen eines Individuums, von denen überwiegend andere Individuen im Sinne eines im Vergleich zum Altruisten relativ höheren Fortpflanzungserfolgs profitieren. Der Begriff definiert sich hier also über seine Konsequenzen hinsichtlich des relativen individuellen Fortpflanzungserfolges der Beteiligten und nicht über eine „Absicht“ (die jedoch zusätzlich vorliegen kann, vor allem beim Menschen). Altruismus scheint auf den ersten Blick dem Darwin'schen Prinzip zu widersprechen, wenn z. B. ein Tier unter Energieaufwand einem Artgenossen hilft, ohne davon irgendwelche Vorteile zu gewinnen. Dies würde einem Individuum aus energetischer Sicht einen Nachteil verschaffen. Allerdings kann dieser Nachteil dadurch wieder ausgeglichen werden, wenn der Population oder Art dadurch Vorteile entstehen.“
(Quelle: Wikipedia)

Ausführliche Informationen über die Evolution von altruistischem Verhalten (auf Englisch) sind auf der folgenden Seite zu finden: http://plato.stanford.edu/entries/altruism-biological/   




Verwandtenselektion


Die Evolution kann mit Modellen beschrieben werden; sogar Verhaltensweisen gehorchen mathematischen Gleichungen. 1968 beschrieb William D. Hamilton einen Zusammenhang zwischen Verwandtschaftsgrad und „Hilfsbereitschaft“:

„Die Gesamtfitness eines Lebewesens kann demnach als die Anzahl der eigenen Gene, die an die nachfolgende Generation weitergegeben wird, gemessen werden. Nach John Maynard Smith setzt sie sich zusammen aus

i) der direkten Fitness, den eigenen Genen in den eigenen Nachkommen, und

ii) der indirekten Fitness, den eigenen Genen, die durch Verwandte zusätzlich an fremde Nachkommen weitergegeben wurden.

Da Verwandte zum Teil dieselben Gene besitzen wie das Individuum, fördert dieses durch Helferverhalten die Weitergabe des eigenen Erbguts (Verwandtenselektion). Dieser Altruismus ist nur dann erfolgreich und breitet sich aus, wenn der Nutzen für denjenigen, der das altruistische Verhalten zeigt, grösser ist als die Kosten, die er dafür investieren muss (Hamiltons Regel).

Mathematisch ausgedrückt muss das Verhältnis von Nutzen (B) zu Kosten (C) grösser sein als eins dividiert durch den Verwandtschaftsgrad:

B/C > 1/r  beziehungsweise r x B > C, mit B: Nutzen (benefit); C: Kosten (cost); r: Verwandtschaftskoeffizient (relatedness).

Beispiel: Ein Tier, das durch seine Hilfe auf zwei eigene Nachkommen verzichtet (C = 2), dafür aber einem Geschwister (Verwandtschaftsgrad zwischen Geschwistern bei diploiden Organismen (r = 0,5) hilft, fünf zusätzliche Nachkommen (B = 5) zu produzieren, hat eine höhere Gesamtfitness als ein Tier, das „egoistisch“ nicht hilft.“ (Quelle: Wikipedia).

Der Verwandtschaftskoeffizient ergibt sich entsprechend der Vererbungslehre nach dem folgenden Schema.

Quelle: http://biologie-lernprogramme.de/daten/programme/js/kooperierer/daten/media/stammbaum.pdf